Andreas Unterweger

NZZ über die manuskripte

Posted in manuskripte by andreasundschnurrendemia on 1. Oktober 2023

Am 24.9.2023 würdigte die Neue Zürcher Zeitung in „Bücher am Sonntag“ „sieben spannende Literaturzeitschriften“ aus dem deutschsprachigen Raum, darunter die manuskripte.


„Gemeinsam“, schreibt Gregor Szyndler, sei den glorreichen Sieben „ein Team von literaturbegeisterten Macherinnen, ohne deren Hang zur Selbstausbeutung das publizistische Unterfangen unmöglich wäre.“

Delfi, Das Wetter, Jahrbuch der Schweizer Literaturen Viceversa Literatur 17, Literatur und Kritik, manuskripte (Cover Ausgabe 240 von Haras Ananas), orte, Narr – Illustration von Ricardo Santos

Auch sonst findet sich in dem Artikel viel Wahres, Klares und Interessantes, über die manuskripte ist darin Folgendes zu lesen:

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Hier das gesamte Interview, das ich Gregor Szyndler von der NZZ im Vorfeld gegeben habe.
Vielen Dank für die sorgfältige Recherche und die gute Zusammenarbeit!

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Gregor Szyndler: Sie sind seit 2020 Herausgeber der „manuskripte“, als Nachfolger des verstorbenen Gründers Alfred Kolleritsch. Wie war es für Sie, in seine Fussstapfen zu treten?

Andreas Unterweger: Alfred Kolleritsch hat es mir sozusagen „schonend beigebracht“ – dass ich der Nachfolger sein soll und wie das gehen könnte. Ich hatte so etwas ja nie angestrebt, sondern bin als von ihm geförderter Autor in diese Rolle gestolpert. Und jetzt habe ich doch den Eindruck, am richtigen Ort gelandet zu sein.

Dreieinhalb Jahre haben wir die „manuskripte“ gemeinsam herausgegeben. Mit Fredys Tod im Mai 2020 hat dann freilich eine neue Zeitrechnung begonnen, und für mich ein neues Leben mit viel mehr Arbeit und noch mehr Verantwortung. Damals wurde ich oft gefragt, ob ich das Gefühl hätte, in Kolleritschs Schatten zu stehen. Nein, hatte ich nie, und wenn, dann habe ich diesen Schatten als schützenden Mantel wahrgenommen.

Wenn wir schon von „Fußstapfen“ sprechen, dann darf ich auch sagen, dass ich, bei allem Respekt vor der mittlerweile 63-jährigen Geschichte der Zeitschrift, als Herausgeber gemeinsam mit meinem Team einen „eigenen Weg“ gehe. Dieser zielt darauf ab, die „manuskripte“ als multimediale Literaturplattform zu positionieren, die als flexible Vermittlungsinstanz agiert und die Literatur auf vielfältigste Weise zu den Menschen bringt – sei es nun mittels der klassischen gedruckten Ausgabe, als Online-Medium, als Filmproduktion, als Literatur-Schulworkshop, als Kooperationspartner von Lesereihen und Ausstellungen oder auch in Form historischer Kondomautomaten, die umgerüstet werden und als „Poesieautomat“ Liebesgedichte ausgeben.

GS: Bitte nur 1 Wort verwenden! «Die Herausgabe der „manuskripte“ ist für mich …» 

AU: Verantwortung.

GS: Woran misst sich der Erfolg einer Literaturzeitschrift?

AU: Das ist wohl von Literaturzeitschrift zu Literaturzeitschrift verschieden. Bei den „manuskripten“ geht es jedenfalls nicht unbedingt um Verkaufszahlen, und tatsächlich sind wir wohl nicht nur der Rechtsform nach ein „gemeinnütziger Verein“. Wir sehen es etwa als Erfolg, wenn Autorinnen und Autoren nach ihrer Veröffentlichung bei uns von Verlagen kontaktiert werden – was weiterhin erfreulich häufig oft vorkommt. Oder wenn es uns gelingt, Schreibende aus dem Ausland dem deutschsprachigen Publikum vorzustellen – so gibt es seit 2020 etwa eine regelmäßige Rubrik mit slowenischer Lyrik. Und etwas Besonderes ist es auch, bislang desinteressierte Menschen für die Literatur, wie sie in den „manuskripten“ präsentiert wird, oder für Literatur überhaupt zu begeistern. Ich denke da gerne an schöne Erlebnisse bei Workshops in Schulen oder bei unterhaltsamen Aktionen im öffentlichen Raum zurück. Darin liegt ja auch eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung. „Das Poetische“, hat Peter Handke einmal in einem Interview gesagt, „ist das Weltumfassende, und da treffen wir uns alle.“ Ja, treffen wir uns lieber im Poetischen, als uns erst auf Social Media und dann in Wirklichkeit die Schädel einzuschlagen. Dazu leiste ich gerne meinen Beitrag.

GS: „manuskripte“ wird vom Bundesministerium Kunst, vom Land Steiermark und von der Stadt Graz unterstützt. Wie wichtig ist diese Förderung für die Zeitschrift?

AU: Diese Unterstützungen sind mehr oder weniger lebensnotwendig. Sie machen rund zwei Drittel unseres Budgets aus und erlauben es uns, zu einem erschwinglichen Preis zu erscheinen sowie einigermaßen faire Honorare zumindest für Auftragsarbeiten und auch für uns paar Leute in der Redaktion zu bezahlen.

Wir sind dankbar dafür, gleichzeitig ist uns auch klar, dass es vor dem Hintergrund sonst üblicher politischer oder wirtschaftlicher Transaktionen nur kleine Summen sind, die uns streifen. Unsereins arbeitet eben so effizient wie möglich und trotzdem immer noch selbstausbeuterisch, mit Teilzeitanstellungen und unbezahlten Überstunden, wie es im Großteil der kulturellen Institutionen leider üblich ist.

Die unverhältnismäßige Teuerung der letzten Jahre hat die gleichzeitige Steigerung der Förderungen überstiegen und uns zu Sparmaßnahmen gezwungen. Von Lohnerhöhungen, um die Inflation auszugleichen, wie sie in fast allen Sparten zu beobachten sind, können wir bei den „manuskripten“ leider ohnehin nur träumen.

GS: Wie verhalten sich Ihre redaktionell-herausgeberische und die schriftstellerisch-songwriterische Tätigkeit zueinander? (Gehen sie achtsam miteinander um? Beknurren sie sich? o. ä.)

AU: Ich bemühe mich, alle Tätigkeiten als ein Ganzes zu sehen. Denn selbstverständlich bin ich in erster Linie Schriftsteller, und auch wenn ich zurzeit den Großteil meiner Zeit (und damit viel mehr als die vertraglich vereinbarten 25 Stunden pro Woche) in die „manuskripte“ stecke, so leite und komponiere ich die Zeitschrift doch mit den Zugängen und auch Werkzeugen eines Schriftstellers. Bei Alfred Kolleritsch war es übrigens ähnlich, und tatsächlich ist er ja nur deshalb auf mich als Nachfolger gekommen, weil ihm meine Texte gefallen haben. Wer gut schreibt, kann gut herausgeben – ich weiß nicht, ob das immer zutrifft, aber er zumindest dürfte in meinem Fall so gedacht haben.

Im Idealfall herrscht seither ein Gleichgewicht zwischen meinen verschiedenen Aufgaben. Das gelingt mir nicht immer, und zumindest seit 2020, mit dem Relaunch, dem Auftritt Österreichs als Gastland in Leipzig, Slowenien nun in Frankfurt usw. neigt sich das Pendel viel zu oft in Richtung der Zeitschrift. Dann tröste ich mich damit, dass ich das Glück habe, mit den „manuskripten“ einen Brotjob zu haben, der der künstlerischen Selbstverwirklichung sehr nahe kommt und bestimmt von vielen als Traumjob wahrgenommen wird.

Wenn schon nicht Literaturbegeisterung wecken, dann doch zumindest wecken – hier mit Bodo Hell, Duett für Mikrophon und Megaphon, manuskripte im Partnerprogramm des steirischen herbst 2023.

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